Vergleich E-Bike Motoren 2023
Velos mit elektrischem Zusatzantrieb feiern einen Siegeszug. Schliesslich schonen E-Bikes nicht nur die Umwelt und das Portemonnaie, sondern fördern auch noch die Gesundheit. Tatsächlich sind vor allem die erstgenannten Gründe ausschlaggebend für den Boom in dieser Velosparte. Laut einer im November 2022 veröffentlichten Studie des weltgrössten Fahrradkomponentenherstellers Shimano werden vor allem steigende Lebenshaltungskosten und Umweltbewusstsein als Gründe für den Kauf eines E-Bikes genannt. Und genau hier können elektrische Velos abliefern. Im Alltag, und insbesondere in den Schweizer Städten, bieten E-Bikes eine ressourcen- und platzsparende Alternative zum Auto. Schliesslich ist man mit dem «elektrischen Rückenwind» beim Pendeln zur Arbeit oft schneller unterwegs als mit dem Auto – umso mehr, als Staus und die leidige Parkplatzsuche damit Vergangenheit sind. Aber auch beim Wocheneinkauf können E-Velos punkten. Moderne E-Cargo-Bikes fassen nicht nur problemlos den Inhalt eines gut gefüllten Einkaufswagens, sondern erlauben auch dessen Transport bis direkt zur Haustür. Und auch der Nachwuchs lässt sich mit ihnen mit viel Spass kutschieren.
Vor einem Kauf gilt es jedoch, den Einsatzbereich des Velos zu definieren, um ein gut dafür geeignetes Vehikel zu finden. Hier lohnt ein Blick auf das Herzstück des E-Velos, nämlich den Antrieb, bestehend aus Motor, Akku und Steuerung. Denn auch wenn sich die Leistungsdaten quer über alle Hersteller auf den ersten Blick ähneln, steckt der Teufel doch im Detail.
Bosch – die Motoren des Branchenprimus
Man tut der Konkurrenz kein Unrecht, wenn man Bosch als «Marktführer» in Sachen E-Bike-Motoren bezeichnet. Was die Verkaufszahlen angeht, stimmt dies zweifelsfrei. Doch auch auf der technischen Seite gibt es gute Gründe, sich für ein E-Velo mit Bosch Motor zu entscheiden. Das «smarte System» des deutschen Herstellers umfasst aktuell sieben Motoren. Diese decken nicht nur alle Einsatzbereiche von Lastentransport über Stadtverkehr und Trekking bis Mountainbike ab, sondern sind auch jeweils in eigenen, für Naben- oder Kettenschaltungen optimierten Versionen erhältlich. So sind die Motoren der «Cargo Line» auf ein hohes Drehmoment bei niedrigen Geschwindigkeiten ausgelegt, was das Anfahren mit einem schwer beladenen Velo erleichtert. Dagegen sind die E-Bike-Motoren der «Performance Line», wie sie beispielsweise beim Cannondale Tesoro Neo X 2 verbaut werden, eher auf Fahrdynamik und Spritzigkeit optimiert, was dem Fahrstil im Stadtverkehr oder auch bei der Freizeitnutzung entgegenkommt. Neu im Modelljahr 2023 ist auch der sogenannte «Auto Modus». Hier wird die Unterstützung, etwa bei Steigungen oder Gegenwind, automatisch an die Fahrsituation angepasst, so dass ein Wechsel der Fahrmodi entfällt, was manuelle Schaltvorgänge einspart.
Zudem setzt man bei Bosch auch zunehmend auf Vernetzung. Über die «E-Flow App» lassen sich per Smartphone nicht nur die Unterstützungsmodi an die eigenen Bedürfnisse anpassen. Die App bietet zudem Komfortfunktionen, die man schnell nicht mehr missen möchte. So lassen sich etwa über die Kopplung von Smartphone und Antriebssystem Navigationshinweise als Richtungspfeile auf dem Display des Velos darstellen.
Besonders interessant ist auch das ABS-Bremssystem für E-Bikes, welches Bosch in Zusammenarbeit mit dem Bremsenspezialisten Magura entwickelt hat. Wie auch beim PKW verhindert das ABS ein Blockieren des Vorderrades, wodurch das Velo auch bei scharfen Bremsungen steuerbar bleibt. Zudem verhindert das System auch ein Abheben des Hinterrades, und beugt damit gefährlichen Stürzen «über den Lenker» vor.
Yamaha Motoren – eine interessante Nische
Was die reinen Verkaufszahlen angeht, führen die Antriebe des japanischen Herstellers Yamaha ein Schattendasein. Diese sind nicht nur, aber weit häufiger in E-Mountainbikes zu finden, und haben dort viele Fans wie zum Beispiel das Haibike AllMtn 4 gloss. Dies liegt vor allem an der so genannten «Zero Cadence Technologie». Anders als die meisten anderen Motoren schalten die von Yamaha nicht erst nach einer gewissen Kurbelumdrehung die Unterstützung ein. Schon ein Druck auf das Pedal reicht, um ein Drehmoment zur Verfügung zu stellen. Vor allem beim Anfahren in steilen Anstiegen spielen Yamaha-Motoren so ihren grössten Trumpf aus. Interessant sind vor allem das brandneue Spitzenmodell PW-X3, dessen Abmessungen im Vergleich zu seinem Vorgänger um 20 Prozent verringert wurden – und der dabei immer noch 85 Newtonmeter als maximales Drehmoment liefert, was bei sportlichen E-Velos als optimal gilt. Mit «nur» 75 Nm weniger leistungsstark, dafür aber noch kompakter und leichter, ist der ebenfalls neue Motor PW-S2, der vor allem in E-Trekkingbikes zum Einsatz kommt. Hier ist, wie auch beim X3, dessen niedriger Q-Faktor hervorzuheben, d.h. durch seine sehr schmale Bauform stehen die Pedale enger zusammen als bei anderen Motoren, was nicht nur bei kleineren Menschen ein ergonomisches Pedalieren fördert.
Shimano – Antriebe vom Komponenten-König
Bei Velokomponenten ist Shimano Weltmarktführer. Und auch in Sachen E-Bike-Motoren bewegen sich die Japaner, zumindest in Sachen Modellpalette und Funktionsumfang, auf Augenhöhe mit Bosch. Wie die deutsche Konkurrenz erlaubt auch das System von Shimano eine Individualisierung der Motorunterstützung per Smartphone-App. Und auch bei Shimano setzt man in der 2023er Modellpalette auf Automatik, verfolgt dabei aber einen unterschiedlichen Ansatz. In Kombination mit den elektronischen Di2 Schaltkomponenten wird im neuen Autoshift-Modus nicht nur die Unterstützung des Motors an wechselnde Fahrsituationen angepasst. Stattdessen leitet das System auch automatische Gangwechsel ein, so dass man, etwa an Anstiegen, immer mit der optimalen Übersetzung am Start ist. Auf diese Weise werden nicht nur die Komponenten geschont, sondern auch die Leistung des Akkus weit effizienter genutzt.
Besonders interessant ist der zweite, ebenfalls neue Freeshift-Modus. Damit wird der grosse Vorteil von Nabenschaltungen, nämlich die Möglichkeit eines Schaltens im Stand, bzw. ohne Kurbelumdrehung, erstmals auch auf Kettenschaltungen übertragen. Wird im Freeshift-Modus ein Gangwechsel eingeleitet, so dreht sich das Kettenblatt unabhängig von der Kurbel weiter, und lässt die Kette so auf ein neues Ritzel klettern. Diese Funktion ist nicht nur beim Warten an der roten Ampel praktisch. Besonders spannend ist dieses Feature bei Mountainbikes, denn beim Fahren im Gelände muss vor allem ein Aufsetzen des Pedals vermieden werden, weswegen ein Schaltvorgang nicht immer möglich ist. So kommt es schon einmal vor, dass man bei der Einfahrt in einen Gegenanstieg wegen eines zu grossen Ganges regelrecht «verhungert». Im Freeshift-Modus steht dagegen jederzeit, und ohne «taktisches» schalten zu müssen, der optimale Gang zur Verfügung. Dieses neue Fahrgefühl können m-way-Kunden beispielsweise auf einer Testfahrt erleben. Schlussendlich stellt auch Shimano ein eigenes, Blubrake genanntes ABS-System für E-Velos auf die Beine, so dass auch hier für mehr Sicherheit gesorgt ist.
Light Assist Motoren
Ein noch relativ neues Konzept bei E-Velos stellen die sogenannten «Ligh» oder «Minimal Assist» Motoren dar. Solche Motoren werden etwa von Firmen wie maxon, Fazua oder Hyena angeboten. Sie sind wesentlich leichter und kompakter als die Motoren der eingangs genannten Antriebshersteller. Daher lassen sich damit E-Bikes bauen, die das Gewicht herkömmlicher «Bio-Velos» nur wenig übersteigen. Solche Velos sind sehr interessant, aber in ihren Möglichkeiten eingeschränkt. Deren Vor- und Nachteile aufzulisten würde den Rahmen dieses Beitrags sprengen, weswegen wir solchen Bikes in Kürze einen eigenen Blogbeitrag widmen.